Quality Magazine | New York: Highline
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New York: Highline

Auf den ersten 800 Metern flanieren sie schon seit Juni 2009, jetzt können die Bürger New Yorks noch ausgedehnter die schöne Aussicht und das satte Grün genießen. Denn der zweite von drei geplanten Abschnitten der in neun Meter Höhe schwebenden Parkanlage namens Highline Parks wurde endlich eröffnet. Von der Gansevoort Street bis hoch zur West 30th Street reicht inzwischen die Wildnis insgesamt 1,6 Kilometer weit.

Hurra, rufen nicht nur die kleinen Kinder, die bereits die spielerischen Qualitäten des urbanen Hochparks genießen. Aus kleinen Röhren fließt genau so viel Wasser auf die länglichen Bodenplatten, dass ohne die Gefahr des Ertrinkens herrlich gespielt werden kann. Planschbecken, Schotterbeete, Liegewiesen, Klanginstallationen – das Konglomerat aus Stahl, Beton und Grünpflanzen ist der neue place to be. Nirgends fühlt sich urbanes Leben besser an als hier.

Verantwortlich für die Umgestaltung der ehemaligen Güterverkehrtrasse sind die Architekten Diller Scofidio + Renfro sowie die Landschaftsarchitekten Field Operations. Sie haben bereits 2006 mit der Umgestaltung des gut 20 Meter breiten Geländes angefangen. 2,33 Kilometer lang soll der Park insgesamt werden, übrigens eine der 127 Maßnahmen des Plan NYC 2030. Dieser ehrgeizige Masterplan ist New Yorks Antwort auf zukünftige städtische Herausforderungen und Entwicklungen: Wachsende Bevölkerung in Megacities, veraltete Infrastruktur, Klimawandel und die Frage, wie wir in Zukunft leben wollen – der New Yorker Bürgermeister Michael Bloomberg kümmert sich federführend um eine grünere Neugestaltung der Stadt und ließ beispielsweise kurzerhand den Times Square für Autos schließen.

Zwei Milliarden Dollar an privaten Investoren habe die High-Line angezogen, die vor allem Stararchitekten wie Shigeru Ban, Neil Denari und Jean Nouvel engagierten. Ihre Luxusapartments waren geschickter Weise zeitgleich zur Fertigstellung des zweiten High-Line-Abschnitts terminiert. 12.000 Arbeitsplätze seien seit 2006 entstanden, so Bloomberg. 29 weitere, größere Immobilienprojekte sind im Bau bzw. in Planung.

Ein Blick zurück: 1847 wurde das Gewerbegebiet im Westen Manhattans durch eine Eisenbahntrasse erschlossen, doch erst 1929 wurde diese durch eine Hochbahntrasse, der so genannten High-Line ersetzt. 21 Kilometer lang war damals die Linie und erschloss durch direkte Gebäudeanschlüsse das Industriegebiet des Meatpacking Districts. Weil die Fabriken und Fleischereibetriebe ihren Warenverkehr immer mehr via LKWs transportierten und damit den Verkehr auf die Strasse verlegten, wurde die Eisenbahnlinie zu wenig genutzt. Bereits 1960 wurden Teilabschnitte abgerissen. Seit 1980 ist die Hanglinie endgültig stillgelegt, und seitdem entwickelte sich eine Art urbane Wildnis.

Zwischen den alten Gleisen wächst so einiges an – die Biodiversität erkunden inzwischen ganze Schulklassen und Touristen buchen 75-minütige Gartentouren, die von dem Friends of the High-Line durch geführt werden. Dieser Freundeskreis kümmert sich auch um die Vermarktung – im Marketing haben die US-Amerikaner bekanntermaßen unglaubliche Qualitäten: Daher gibt es einen High-Line-Shop mit der FHL Collection, sprich T-Shirts, Bücher, Regenschirmen und wiederauffüllbare Wasserflaschen – eben alles, was man für ein urbanes Gartenleben braucht.

Nächtliches Sternegucken mit Riesenteleskop, Literaturlesungen, Tanzperfomances, Licht und Farbschulungen von Künstlern oder einfach nur eine große Sommerparty in der coolsten Sommerlocation – die zahlreichen kulturellen Angebote lassen das Interesse an dem schmalen Park stetig wachsen. Doch nicht nur für geistige Genüsse ist seit Erschließung des neuen Abschnitts gesorgt. Es gibt neuerdings eine Outdoorbar namens The Lot on Tap, wo lokales Bier und Wein sowie Säfte und Brause angeboten werden. Liebhaber und Fans des neuen Aufenthaltsorts halten sich strikt an das Brooklyn High Line Elevated Wheat, einem Bier, das speziell in der Brooklyn Brewery aus regionalem Hopfen und Weizen gebraut wird. Das High-Line –Symbol sowie die gesamte Corporate Identity stammt übrigens von dem legendären Designbüro Pentagram – allein deswegen lohnt sich ein Besuch des Hochparks in der Manhattan, denn die Anwendung des Logos sowie die kreativen Kampagnen zum partizipativen Stadtgestaltung sind einfach richtig gut.

James Corner Field Operations wird auch die Erschließung des letzten, dritten Abschnitts leiten. Wieder mit dabei sind  Diller Scofidio + Renfro, dieses Mal mit dem  Landschaftsdesigner Piet Oudolf. Doch nun wird erst einmal die Eröffnung von Abschnitt zwei gefeiert – der Sommer kann kommen – und irgendwann auch die Erschließung des dritten und damit letzten Abschnitts.

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