23 Aug Kopfsprung
„Ne sois pas original. Sois unique.“
Paris, Juli 1989. Es war drei Stunden vor Sonnenaufgang, doch die Straße im 3. Arrondissement war lebendig. Lautes Lachen, nervöses Getuschel, Flaschenklirren. Das Geräusch-Szenario war gefüllt mit allen Facetten der Emotionen und so breitgefächert wie das Publikum selbst. Nacht für Nacht blockierten die Pariser Cool-Cats die Straße und Nacht für Nacht hallt der berüchtigte und gefürchtete Satz „Sorry, heute Nacht nicht“ durch die Fassaden der Rue du Bourg-l’Abbé. Unter den wachsamen Augen des Bacchus entschied Marie-Line über die Tür. Sie war eisenhart. Sogar Karl Lagerfeld und etliche andere Hochligisten der Prominenz scheiterten an der Selektion. Wer es jedoch an ihr vorbei geschafft hat, hat es in den Olymp der Dekadenz geschafft. Die Rede ist von Paris’ Antwort zu New Yorks Studio54, der weltbekannte Sündenpool Les Bains.
Wo damals die A-Liga der Promis, wie Saint Laurent, Andy Warhol, Jonny Depp und Naomi Campbell die Nacht und allen voran sich Selber ausladend feudal feierten, kann man seit diesem Jahr nun als „Normalsterblicher“ die Nacht verbringen. Das Zittern vor dem Urteil Marie-Line’s ist Vergangenheit, heute reicht ein einfaches „Ich habe reserviert“.
Das Les Bains erlebte Anfang dieses Jahr seine Renaissance und die alten Gemäuer des Juwels des 3. Arrondissement erstrahlen im neuen Hochglanz, ohne jedoch die glorreichen und legendenumwobenen Esprit der Vergangenheit zu vergessen. Aus dem ehemaligen Hotspot der Pariser Nachtschwärmer wurde ein luxuriöses Design-Hotel, das neben Nostalgie-Liebhaber der Belle Époche nun auch Trendsetter-Neulinge beherbergt.
Dem Les Bains wurde neues Leben eingehaucht und sein Herz schlägt seit März 2015 wieder inmitten der hippen Szene der Parisiennes. Die Reanimation der Legende haben wir dem französischen Filmdirektor Jean-Pierre Marois zu verdanken. Seine flammende Leidenschaft und sein Engagement zum Objekt zeigt sich unter Anderem in seinem Film „Saving Private Bains Douches“, der laut Jean-Pierre „sein bester Indiefilm allerzeiten“ sei. Den ersten Fuß ins Les Bains setzte er damals am 21. Dezember 1978. Als er sich an den Argus-Augen des Bacchus vorbeigedrängt hatte, traf es ihn wie ein Schlag. Das Styling und die Attitude des Clubs raubten ihn den Atem. Marois hatte eine wilde Jugend und etliche wildere Nächte hinter sich gebracht, getreu dem Motto „Carpe Diem“. Nun ist er der Retter der Legende. Ein Auge schaut stets in die Zukunft gerichtet, während das Andere den Fokus auf die schillernde Vergangenheit nicht verliert. Man trifft zwar nicht mehr Ikonen wie Kate Moss, aber dafür tummelt sich nun die neue Generation internationaler Fashionistas und hipper Opinion-Leader.
Neben 39 einzigartigen Hotelzimmern und Suiten, findet man im heutigen Hotel Les Bains akribisch durchdesignte Salons, einen Club für private Events und ein hoteleigenes Restaurant mit kulinarischen Hochgenüssen.
Man sagt zwar „ aufgewärmt schmeckt nicht“, aber dieses Hotel mundet.
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